Schenkung der Freunde der Sammlungen Reinhart, Briner und Kern, 2025

Der Genfer Barthélemy Menn gehört zu den bedeutendsten Schweizer Landschaftsmalern des 19. Jahrhunderts. Er hat die französische Freilichtmalerei und das Konzept der Paysage intime in die Schweizer Kunst eingeführt. Unter Paysage intime – zu deutsch vertraute Landschaft – ist jene Richtung der Landschaftsmalerei zu verstehen, die sich mit schlichten, einfachen Motiven befasste und seit den 1840er Jahren von Camille Corot und Vertretern der École de Barbizon praktiziert wurde. Die Bilder vermitteln keine geschichtlichen oder religiösen Inhalte, sondern vielmehr unspektakuläre Naturausschnitte aus der Sicht des Künstlers. In diesem Sinne war Menns Annäherung an die Natur damals in der Schweiz etwas ganz Neues und Modernes. Seine subtilen Naturdarstellungen standen im Gegensatz zu den bedeutungsschweren, idealisierten Landschaften seiner Westschweizer Kollegen, insbesondere zur heroisch gefärbten Alpenmalerei eines Alexandre Calame.

Barthélemy Menn (1815 – 1893)
Paysage lacustre
Öl auf Holz, 46 x 63.5 cm
Kunst Museum Winterthur

Menn kommentierte seine Landschaftsmalerei einst mit den Worten: «Dans un buisson, je vois tout.» / «In einem Busch sehe ich alles.» Dieses Verständnis für das Unspektakuläre in der Natur, wie auch die malerische Qualität von Menns Kunst faszinierten den Winterthurer Sammler Oskar Reinhart. Dank ihm besitzt das Kunst Museum Winterthur die bedeutendste Werkgruppe Menns nach dem Musée d’art et d’histoire in Genf. Geradezu perfekt fügt sich deshalb diese lichtdurchflutete Seelandschaft Menns, die uns die Freunde der Sammlungen Reinhart, Briner und Kern jüngst geschenkt haben, in die Museumssammlung und im Speziellen in die Bestände der Westschweizer Kunst, für die Oskar Reinhart eine besondere Vorliebe hatte.

Das Gemälde zeigt einen unspektakulären Landschaftsausschnitt an einem Seeufer: Links führt der Blick über das Wasser auf ferne Hügelzüge am anderen Ufer, in der Mitte wird das Bild durch eine Mauer geteilt, entlang derer auf der rechten Bildhälfte ein steinerner Weg zu einer einfachen Bootsanlegestelle hinabführt. Der Ort konnte noch nicht identifiziert werden, aber es könnte sich um eine Uferstelle am Genfersee handeln. Bestimmend sind das atmosphärische Zusammenspiel von Licht und gedämpftem Kolorit sowie die spontan wirkende, lockere Pinselschrift, wie sie für die Pleinairmalerei der Zeit typisch sind. Dabei zeigt sich der Einfluss Corots in den verriebenen Baumsilhouetten und der silbrig-grünen Tonalität der Vegetation. Mit dem Franzosen verband Menn eine enge Freundschaft. Gemeinsam haben sie in der Westschweiz Maltouren unternommen und malten mit anderen Künstlerfreunden den grossen Salon im Schloss Gruyère aus. Als Menn 1839 aus Rom nach Paris zurückkehrte, war am Salon die Kombination der Freilichtmalerei mit dem komponierten Atelierbild das aufsehenerregende Novum. Es stellte den Sieg über akademische Regeln dar und erneuerte die Atelierkunst mit Hilfe der Pleinairmalerei. Allerdings führte Corot die Tradition der Paysage historique in Form der Freilichtmalerei weiter und belebte seine Landschaften mit mythologischen oder pastoralen Figuren. Dies erklärt die vorliegende Landschaft, in der Menn die «moderne» Wirkung der Freilichtmalerei mit Staffagefiguren «salonfähig» machte.

Im April 2025 konnte das Gemälde von den Freunden der Sammlungen Reinhart, Briner und Kern in einer Auktion ersteigert werden. Das Kunst Museum Winterthur freut sich sehr, dass es auch im Bereich der historischen Sammlung geglückte Erweiterungen dieser Art geben kann und diese von den Freunden des Hauses massgeblich unterstützt werden.

Im Einsatz für die Freunde der Sammlungen Reinhart, Briner und Kern: Dr. Margrit Joelson

Portrait Margrit Joelson

Die Freunde der Sammlungen Reinhart, Briner und Kern fühlen sich mit den Sammlungen der Stiftung Oskar Reinhart und der ehemaligen Stiftung Jakob Briner sowie der Miniaturensammlung Emil S. Kern verbunden. Sie unterstützen das Haus Reinhart am Stadtgarten, das seit 2017 dem Kunst Museum Winterthur angehört, sowohl ideell als auch finanziell.

Dr. Margrit Joelson bereitet seit 2015 für die Freunde der Sammlungen Reinhart, Briner und Kern «Themenapéros». Ausgehend von einzelnen Bildern hält sie seit einiger Zeit auch kulturhistorische Vorträge. Wie es zu den Apéros gekommen ist, erklärt sie am besten selbst:

«In der Schweiz gibt es eine schöne Apéro-Tradition, die Mensch, Genuss und Geselligkeit zusammenbringen soll. Früher hat man sich mit Salznüssli und Chips bekleckert, heute sind «gesündere» Varianten üblich. Ich habe schon immer gerne gekocht, zubereitet und serviert und für verschiedene Vereine und Institutionen Apéros vorbereitet. Da habe ich gelernt, dass die Arbeitszeit am kostenintensivsten ist. Es war im Juni 2015, eine Veranstaltung zum Geburtstag Oskar Reinharts stand bevor und die Frage tauchte auf, was die Freunde servieren sollten. Aus den Tagebüchern Oskar Reinharts waren seine Lieblingsspeisen bekannt, das «Was» war klar. Nun zum «Wie?»: Mein Vorschlag war, dass wir alle Zutaten einkaufen und dass ich den Apéro zubereite. Der Themenapéro war geboren. Mir macht es Spass, Speisen vorzubereiten, die das Thema der Ausstellung, der Führung oder des Vortrages aufnehmen: so sind viele tolle Gespräche und Freundschaften entstanden, manchmal auch gerunzelte Stirnen bei ganz unbekannten Kreationen. Oft werde ich gefragt, warum ich das unentgeltlich mache: wie gesagt, es bereitet mir Freude, aber das ist nicht der ganze Hintergrund. Meine Eltern kamen nach dem Zweiten Weltkrieg aus Österreich in die Schweiz; wir waren arm. Meine ersten Erinnerungen an Winterthur waren die Museen und die Konzerte, wenn der Eintritt frei war. Sobald ich lesen konnte, suchte ich die Stadtbibliothek heim, jeden Samstag schleppte ich die Maximalzahl erlaubter Bücher nach Hause und erwarb mir so eine Allgemeinbildung, die mir Schule und Studium ermöglichte. Ich war aber kein «Nerd», ich spielte leidenschaftlich Fussball, amtete als Linien- und Schiedsrichter und liess kein Spiel des FCW aus. Die Gesellschaft hat mir sehr viel gegeben, ich möchte zurückgeben.»

Dr. Margrit Joelson

 

Dr. Margrit Joelsons Lieblingsbild im Kunst Museum Winterthur | Reinhart am Stadtgarten ist Titanias Erwachen von Johann Heinrich Füssli:

«Shakespeares Sommernachtstraum ist eine meiner Lieblingslektüren; es wird mir nie langweilig immer wieder darin zu blättern und meine Vorstellungen, die beim Lesen entstehen, in Füsslis Bild zu suchen. Einen Füssli-Apéro gab es noch nicht. Da kämen gewiss englische Spezialitäten und Sachen aus der Shakespeareianischen Küche, wohl auch Guiness und vielleicht etwas mit Sachen aus dem Wald (Waldbeeren, Pilze…) bzw. dem Sommernachtstraum.»

Titanias Erwachen von Johann Heinrich Füssli

Jahresbericht 2024

Das Vereinsjahr startete im Februar mit einer zweitägigen Kunst- und Kulturreise
nach München zur Ausstellung William Turner im Lenbachhaus mit bedeutenden
Werken aus allen Schaffensperioden. Am zweiten Tag besuchten wir am Vormittag
die Alte Pinakothek und als krönenden Abschluss die renommierte Rahmenwerkstatt
Pfefferle, die von Oskar Reinhart hochgeschätzt war. Selbstverständlich wurde auch
für Mahlzeiten mit bayerischen Spezialitäten gesorgt.
Im März folgte nach langer Umbauzeit die Eröffnung der Villa Flora, ein Juwel in
der Winterthurer Museumslandschaft. Die Ausstellung Bienvenue! Meisterwerke von
Cézanne, van Gogh und Manet zurück in Winterthur und die privaten Führungen für
die Mitglieder stiessen auf grosses Interesse und Begeisterung.
Im Juni bot sich den Mitgliedern die seltene Gelegenheit zur Besichtigung der
privaten Badeanlage von Oscar Reinhart am Römerholz mit anschliessenden Apéro
im Garten. Die Badeanlage mit ihren wunderbaren Mosaiken, die Architektur des
Gebäudes mit ihrer Kunst und die Turnhalle mit ihren originalen Geräten liessen
alle staunen.
Im September führte uns Ferdinand Knecht durch seine Sammlung flämischer und
niederländischer Kabinettstücke im Kunsthaus Zürich. Nach einem gemeinsamen
Mittagessen empfing uns Cyril Koller beim Auktionshaus Koller AG in Zürich, der
mit seinen Kolleginnen uns Raritäten und Kunstwerke aus der kommenden Auktion
zeigte.
Das Vereinsjahr wurde mit einem Apéro und Vortrag im Club zu Geduld
abgerundet. Über das Jahr fanden auch zahlreiche interessante Vorträge und
Führungen zu spezifischen Themen und Ausstellungen in- und ausserhalb von
Winterthur statt. Die Anlässe waren immer geprägt von regem und fröhlichem
Austausch und Gesprächen mit alten und neuen Bekannten.

Reise nach Berlin vom 7. bis zum 10. September 2023

Die diesjährige Reise der Freunde Reinhart Briner Kern führte uns nach Berlin. Die Stadt empfing unsere 17-köpfige Reisegruppe bei strahlendem Sonnenschein und sommerlichen Temperaturen. Am ersten Tag besuchten wir unter kundiger Führung eines Architekten die Museumsinsel mit ihren Neubauten, wie dem Chipperfieldbau und weitere erst kürzlich fertiggestellte Sehenswürdigkeiten.
Unser Vorstandsmitglied und Präsident der Lieberman-Gesellschaft, Johannes Nathan, empfing uns am zweiten Tag in der Liebermann-Villa am Wannsee, die uns mit ihrem wunderbaren Garten und durch ihre traumhafte Lage am Wasser verzauberte. Anschliessend besichtigen wir Schloss Sanssouci, welches in eine wunderbare Gartenanlage eingebettet ist, und den Palazzo Barberini in Potsdam mit seiner eindrücklichen Sammlung von Impressionisten.
Die Gemäldesammlung in Berlin, die seinesgleichen sucht, besuchten wir am dritten Tage unter der Führung von Margrit und Harry Joelson -Strohbach, welche ihr grosses Wissen mit uns teilten. Der Nachmittag stand zur freien Verfügung für eigene Erkundungen in dieser weitläufigen Stadt.
Die zwei spannenden Führungen am Sonntag durch die Ausstellung „100 Bilder für Berlin“ von Gerhard Richter im beeindruckenden Bau der Neuen Nationalgalerie von Mies van der Rohe und „Secessionen. Klimt. Stuck. Liebermann“ in der Alten Nationalgalerie rundeten unsere Reise würdevoll ab.
Auch das geselliges Beisammensein bei gutem Essen wie Flugente mit Rotkohl, Currywurst, Sauerbraten und Pfannkuchen wurde ausgiebig gepflegt.
 

Kennerschaft und Forscherdrang Zu Neuentdeckungen im zeichnerischen Oeuvre von Caspar David Friedrich

 

Am 31. August hielt Dr. Christina Grummt für die Mitglieder des Freundeskreises der Sammlungen Reinhard, Briener und Kern einen Vortrag zum zeichnerischen Werk von Caspar David Friedrich anlässlich der aktuellen hochkarätigen Ausstellung.
In einem kurzen Exkurs wurde das Publikum in die Verwendung von Material, Technik und die Herstellung von Papier des ausgehenden 18. Jahrhunderts und des frühen 19. Jahrhunderts eingewiesen. Wir hörten welche Zeichenmittel und Materialen Caspar David Friedrich bevorzugte. Anhand der Zeichenmittel, Wasserzeichen des Papiers und der besonderen Schreibweise der Zahl Acht lässt sich sein graphisches Werk eindeutig zuschreiben, wie wir lernten. Sein reicher Fundus an Naturstudien diente ihm immer wieder als Vorlage für die Ausführung seiner bildmäßigen Werke.

Der Abend fand seinen fröhlichen Abschluss mit einem thematisch abgestimmten Buffet, das von Sanddornsuppe über Heringsstipp bis norddeutschen Streuselkuchen zum Verweilen einlud.

Der eingesteckte Bogen – ein ikonographischer Froschsprung Samstag, 25. Februar 2023, Reinhart am Stadtgarten

Der Einladung zum Referat von Harry Joelson-Strohbach zur malerischen Darstellung von Streichinstrumenten folgten zahlreiche Vereinsmitglieder sowie Freunde des Vereins Allegro, Freundeskreis Orchester Musikkollegium Winterthur. In seinem reich bebilderten Vortrag beleuchtete der Referent die verschiedenen Bildtypen, in denen Seiteninstrumente dargestellt wurden: vom Vanitas-Stillleben über Genre-Darstellungen, geistliche Allegorien und Porträts. Die vieldeutige Verwendung der Instrumente, vom christlichen Kontext bis zur Darstellung innerhalb von Bordellszenen wurde exemplarisch vorgeführt. Anschliessend konnten drei Gemälde im Original in den Briner-Räumen betrachtet werden. Und natürlich fehlte auch Margrit Joelson-Strohbachs dazu thematisch kuratierter Apéro nicht, den wir alle in vollen Zügen genossen haben.

Besichtigung der Sammlung Dr. Christoph Blocher 2022

Bei nasskaltem herbstlichem Regenwetter wurden die Freunde der Sammlung Reinhart, Briner und Kern ganz besonders herzlich am grossen Tor seines privaten Wohnsitzes von Dr. Christoph Blocher begrüsst.

Das Anwesen steht auf einer Endmoräne, die in der letzten Eiszeit entstand und in Anbetracht der damaligen Klimaverhältnisse lebt es sich heute hier sehr angenehm, wie Herr Dr. Blocher erklärte. Wir wurden durch den Garten, dem Dach des Ausstellungslagers, auf die untere Ebene zum Eingang geführt.

Die Sammlung von Herrn Dr. Blocher umfasst mehrere hundert Werke, wovon jeweils ein Drittel in seinem Wohnhaus, ein Drittel im Landsitz und ein Drittel im Ausstellungslager gezeigt werden. Frau Blocher hat sich in die Bauplanung und die Gestaltung der Räume eingebracht.

 

 

In den äusserst grosszügigen Ausstellungsräumen sind alle Kunstwerke an den Wänden hängend präsentiert und nach Künstlern auf die verschiedenen Räume verteilt. Die Sammlung fokussiert sich auf Schweizer Kü

nstler im Zeitraum von 1850 bis 1940. Wir hören so manche Ankaufsanekdote, von kleinen Rivalitäten, die keine Rivalitäten waren und sehr enthusiastisch werden uns einzelne Gemälde von dem leidenschaftlichen Sammler vorgestellt. Insbesondere das Werk von Albert Anker begeistert Herrn Dr. Blocher und auch seine Lieblingswerke werden uns gezeigt. Mit viel Herzblut ist eine einzigartige Sammlung zusammengetragen worden, die ihresgleichen sucht.

Nach der zweistündigen Führung verliessen die Freunde begeistert den kunstsinnigen Ort auf der Endmoräne.

Vergangene Veranstaltungen 2022

SEPTEMBER
Samstag, 3. September, 11.00 Uhr: Vortrag. Thema noch offen

OKTOBER
Freitag, 7. Oktober, 18.00 Uhr
Vernissage “Kunst und Krieg. Von Goya bis Richter”. (8.10.2022 – 12.2.2023)
Vernissage Checkmate – Spiel der Könige (Miniaturen) (8.10.2022 – 12.2.2023)

Donnerstag 27. Oktober Führung durch die Ausstellungen “Kunst und Krieg. Von Goya bis Richter”. und Checkmate mit anschliessendem Apéro